Page 6 - perle-Konzept
P. 6

Im Besucher*innenbild der perle spiegelt sich die Vielfalt der Bevölkerung Altendorfs wider.
Zu beobachten ist, dass sich jede neue Zuwanderungsgruppe in Altendorf früher oder später in der perle wiederfindet. Nahezu täglich treffen zu den Öffnungszeiten Mädchen* unterschiedlicher Kulturen aufeinander, was sich als nicht immer einfach, meistens jedoch als höchst bereichernd herausgestellt hat. Hier liegt auch die Chance und die Qualität einer interkulturellen Freizeit- und Bildungsarbeit, wie sie die perle verfolgt.
4.2 Die Situation der Besucherinnen*
Der Besuch der perle besitzt für viele Mädchen* eine immense Bedeutung. Oftmals können sie nur so für wenige Stunden in der Woche die Möglichkeit ergreifen, ihre knapp bemessene freie Zeit ei- genbestimmt zu verbringen, und somit den ihnen auferlegten elterlichen Verpflichtungen und ihrem Alltag zu entfliehen. Das hohe Maß an Verantwortlichkeit, welches gerade die älteren Mädchen* innerhalb der Familie, z.B. bei der Betreuung jüngerer Geschwister oder bei der Mithilfe im Haushalt, übernehmen müssen, lässt ihnen selten Zeit und Raum zur Entfaltung eigener Spiel- und Freizeit- interessen. Für viele Familien gilt jedoch die perle als ein willkommenes Angebot, in dem die Töchter sich sicher in geschlechtshomogenen Gruppen bewegen dürfen und Erfahrungen mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Lebensumstände sammeln können.
Unzufriedene häusliche Situationen, die z.B. auf Schwierigkeiten in der Beziehung der Eltern zurück- zuführen sind, können dazu führen, dass einige der Mädchen* sich bereits früh mit schwierigen emo- tionalen Krisen auseinandersetzen mussten/müssen, sodass ein zu schnelles „erwachsen werden“ ein Ausweg darstellen kann, um den enormen Anforderungen an ihre Person gewachsen zu sein.
Weitere zu beobachtbare Belastungen ergeben sich aus der problematischen Wohnsituation der Familien, welche durch räumliche Enge geprägt ist. Oftmals steht den Mädchen* kein eigener Be- reich innerhalb der Wohnung zur Verfügung. Häufig ist es für die Familien aufgrund ihrer eigenen finanziellen Mittel nicht möglich, angemessen große Wohnungen für die meist kinderreichen Fami- lien anzumieten. Weitere Belastungen ergeben sich durch andere kritische Lebensereignisse, wie etwa Arbeitslosigkeit, Suchtkrankheiten oder anderer psychischer Probleme der Eltern, Verlust eines Familienmitglieds, ungeklärter Aufenthaltsstatus usw. Ein überdurchschnittlich hoher Bedarf besteht deshalb bei den Mädchen* darin, zu reden und gehört zu werden. Da die häusliche Situation es viel- fach nicht zulässt, über schwierige oder freudige Ereignisse des Tages zu berichten, lautstark über ein Unrecht zu schimpfen oder ungehemmt über eine unglückliche Liebesgeschichte zu weinen, stellt der Mädchentreff einen vertrauten und wertneutralen Ort dar, an dem diese Themen verarbeitet werden können.
Ein weiterer wichtiger Punkt besteht in dem Erkennen und Verarbeiten der eigenen Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen. Häufig werden altersgemäße Freundschaften zwischen deutschen Mädchen* und Mädchen* mit anderen kulturellen Hintergründen weder forciert noch gepflegt, was auf immer noch vorherrschende Berührungsängste im Hinblick aus das „Fremde“ zurückgeführt werden kann. Zudem sind die Kontakte oft geprägt durch Vorurteile und nicht zuletzt durch be- stehende Sprachbarrieren. Da die perle den Ansatz vertritt, dass Rassismus von der Mehrheitsgesell- schaft ausgeht, bedarf es besonders einer Unterstützung der Mädchen* mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte und einer Sensibilisierung für deren Situation. Erwähnt werden soll an dieser
perle Mädchentreff – Unser Konzept
6


























































































   4   5   6   7   8